Das Berliner Startup exmedio regelt den Digitalen Nachlass: Freunde informieren, Verträge kündigen, Online-Accounts löschen – alles wird im Namen des Nutzers erledigt, wenn ihm etwas zustößt. Das vereinfacht die Vorsorge und nimmt Hinterbliebenen viel Papierkram ab. Zur Langen Nacht der Startups Anfang September geht der Dienst ans Netz.
Wie ist die Idee zu exmedio entstanden und wer steckt hinter exmedio? Wie haben Sie sich als Gründerteam zusammengefunden?
Christoph Huebner/exmedio: Für Vorsorgethemen bin ich familiär früh sensibilisiert worden, weil meine Mutter als Krankenschwester viele Jahre in der Pflege gearbeitet hat. Da habe ich schon sehr bald mitbekommen, dass nicht nur Alte im Pflegeheim landen, sondern eben auch Motorradfahrer nach einem Unfall oder junge Menschen mit schlimmen Krankheiten. Ich habe gelernt, dass es jederzeit jeden treffen kann und wollte auch für mich selbst vorsorgen.
Meine Mitgründerinnen Daniela Friedrich und Dr. Irene Hallof kenne ich beide schon jahrelang. Sie sind jeweils Spezialistinnen auf Gebieten, die zur Kernkompetenz von exmedio gehören: Die rechtliche Absicherung und die Technik. So ergänzen wir uns ideal und kommen uns fachlich auch nicht in die Quere.
Was waren bis jetzt die größten Herausforderungen?
Christoph Huebner/exmedio: Alle Beteiligten im Bezug auf Arbeitsweisen, gemeinsame Zielsetzung und das Tempo von Entscheidungen aufeinander einzuschaukeln war wohl bisher das, worauf wir am meisten Energie gesetzt haben. Ein gutes und intensives Teambuilding ganz zu beginnt stellt sicher, dass es menschlich lange miteinander gut geht. Denn wir sind uns alle einig, dass exmedio kein Startup ist, dass nur auf einen goldenen Exit hin entwickelt wird, sondern dass wir hier gemeinsam nachhaltig etwas aufbauen wollen. Wir glauben an das Potenzial unser Vision und daran, dass wir es mit der Schaffenskraft unseres Teams heben können.
Was kann man alles über exmedio regeln?
Christoph Huebner/exmedio: exmedio hilft bei der Vorsorge und nimmt den späteren Hinterbliebenen viel Arbeit ab. Dafür teilt sich das Angebot in drei Säulen auf: Die erste ist es, schnell und zuverlässig Freunde zu informieren, wenn einem etwas zugestoßen ist – auch mit persönlichen Botschaften. Die zweite ist ein Vertragsmanagent: Wir kündigen im Auftrag Dein Brigitte-Abo, Deine ADAC-Mitgliedschaft und Deine Haftpflichtversicherung. Abgerundet wird das durch die Regelung des digitalen Nachlasses. Als Kunde kannst Du zu Lebzeiten selbstbestimmt entscheiden, was mit Deiner Bildersammlung bei flickr, Deinem Youtube-Kanal oder Deinem Account bei jedem beliebigen Social Network passieren soll.
Ist es besser sich so früh wie möglich mit dem Thema zu beschäftigen?
Christoph Huebner/exmedio: Das ist eine sehr individuelle Angelegenheit. Manche Menschen entgegen mir: “Wieso sollte ich mich darum kümmern? Ich bin dann ja sowieso tot.” Und andere erzählen, dass sie schon mit 17 ihr erstes Testament geschrieben haben.
Das sind die beiden Extreme. Der Mehrheit, die dazwischen liegt, ist bewusst, dass sie eigentlich dieses und jenes geregelt haben sollte. Weil es sich aber irgendwie doch um unangenehme Themen handelt und wir alle glauben, niemals zu sterben, schieben wir es vor uns her, bis es zu spät ist. Mit exmedio haben wir den Anspruch, den Zugang zur Vorsorge so einfach wie möglich zu machen und so gut es geht dabei zu helfen, diesen inneren Schweinehund zu bezwingen.
Wie viel kostet der Service von exmedio?
Christoph Huebner/exmedio: Es gibt ein Freemium-Modell. Das bedeutet, dass der Basis-Account kostenlos ist. Damit kann man bis zu 50 Freunde informieren lassen und Regelungen für die wichtigsten Online-Accounts treffen. Die Standard-Version für 29 Euro pro Jahr schafft Zugang zum kompletten Angebotsspektrum inklusive dem Vertragsmanagement.
Außerdem bieten wir ein Paket für Unternehmen, mit dem sie ihre Belegschaft absichern können und Werkzeuge an die Hand bekommen, um im Ernstfall professionell reagieren zu können. Kommunikationshilfen und Checklisten helfen dabei, sensibel und angemessen damit umzugehen, wenn jemand aus dem Team nicht mehr zur Arbeit kommt.
Ab wann kann man den Service von exmedio buchen?
Christoph Huebner/exmedio: Wir starten zur Langen Nacht der Startups am 5. September in Berlin. Bei diesem Kick-Off-Event wird es das erste Mal öffentlich möglich sein, sich anzumelden. Alle, die das direkt bei uns am Stand tun, bekommen das erste Jahr Premium-Mitgliedschaft kostenlos.
Was sind Ihre nächsten Schritte?
Christoph Huebner/exmedio: Der große Fixpunkt im Kalender ist die Veröffentlichung der ersten Version zum 5. September. Mit etwas Glück haben wir unmittelbar danach die Chance, exmedio bei der DLD in Tel Aviv einem internationalen Publikum vorzustellen. Und auf jeden Fall werden wir beim Web Summit Anfang November in Dublin dabei sein – dann sicher auch schon mit diversen Weiterentwicklungen.
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Wir bedanken uns bei Christoph Huebner für das Interview
Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder.