Berlin (dts Nachrichtenagentur) – Die ehemalige Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU)rechnet angesichts neuer Nato-Vorgaben zur Personalstärke der Bundeswehr mit einer schnellen Wiedereinführung der Wehrpflicht. „Wir sollten uns jetzt alle ehrlich machen und sagen, dass die ausgesetzte Wehrpflicht bald wieder eingesetzt werden muss – so, wie sie früher war, also erst einmal nur für Männer“, sagte die frühere CDU-Vorsitzende dem „Tagesspiegel“ (Sonntagausgabe).
Kramp-Karrenbauer bezeichnete es als guten ersten Schritt, dass im Koalitionsvertrag zunächst über einen attraktiveren Wehrdienst mehr Freiwillige gewonnen werden sollen, bezweifelte aber zugleich die Wirksamkeit der Maßgabe, da beim Nato-Verteidigungsministertreffen am kommenden Donnerstag Beschlüsse erwartet werden, die einen deutlichen Aufwuchs der Truppe vorsehen: „Ich bin skeptisch, ob wir allein damit die notwendigen Zahlen erreichen.“ Auf lange Sicht sei sie „überzeugt, dass wir eine Dienst- oder Wehrpflicht brauchen, die Frauen und Männer umfasst“.
Anders als ihr Nachnachfolger als CDU-Parteichef Friedrich Merz, der im Kanzleramt von der im Wahlkampf angekündigten Lieferung von Marschflugkörpern der Bundeswehr an die Ukraine abgerückt zu sein scheint, hält Kramp-Karrenbauer an der Forderung fest. „Ich habe eine Taurus-Lieferung von Anfang an bejaht, und daran hat sich nichts geändert“, sagte sie dem „Tagesspiegel“ weiter: „Die Ukraine muss Angriffe von russischem Territorium verhindern können.“
Vor dem Hintergrund des neuen Protektionismus der USA unter Donald Trump fordert die ehemalige CDU-Chefin einen intensiveren Austausch mit dem Globalen Süden. „Der Erfolg unserer Volkswirtschaft, der Grundlage für unser Sozialsystem und unsere Art des Zusammenlebens ist, hängt an der internationalen Vernetzung“, sagte sie dem „Tagesspiegel“: „Dieses Erfolgsmodell können wir nur in die Zukunft übertragen, wenn wir uns der neuen Weltordnung anpassen – und uns beispielsweise viel intensiver als bisher um Partnerschaften in Afrika bemühen.“
Es brauche neue Staaten, „mit denen wir faire Vereinbarungen zu Rohstoffen, aber auch in Bezug auf Arbeitskräfte treffen können“, so die Christdemokratin. Kramp-Karrenbauer, die für die Denkfabrik „Global Perspectives Initiative“ eine Kommission zu Deutschlands künftiger Rolle geleitet und der Bundesregierung vergangene Woche entsprechende Vorschläge unterbreitet hatte, wies darauf hin, dass junge Menschen wegen stark steigender Bevölkerungszahlen trotz einer inzwischen oft sehr guten Bildung kaum eine Chance auf einen Arbeitsplatz im eigenen Land hätten.
„Wir sollten auf afrikanische Schulabgänger zugehen und gleichzeitig die Rahmenbedingungen so verändern, dass deutsche Firmen leichter in Afrika investieren können“, so die CDU-Politikerin: „Das wäre eine Win-Win-Situation für beide Seiten – unser Wachstum lahmt auch wegen fehlender Fachkräfte.“
Die bisher vorhandenen Ansätze der deutschen Afrikapolitik seien „nicht zu einer Gesamtstrategie zusammengeführt“ und „nicht konsequent genug“ umgesetzt worden, findet die CDU-Politikerin: „Wenn wir Einwanderung aus bestimmten Entwicklungsländern wollen, müssen wir deren Bildungssysteme fördern und die Menschen frühzeitig auf unsere Sprache und das, was sie bei uns erwartet, vorbereiten.“
Foto: Annegret Kramp-Karrenbauer (Archiv), via dts Nachrichtenagentur
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