Berlin (dts Nachrichtenagentur) – Der Konflikt- und Friedensforscher Thorsten Bonacker von der Universität Marburg hat den teilweisen Stopp der Waffenexporte nach Israel als deutliches politisches Signal gedeutet. „Ich halte den Schritt der Bundesregierung für bemerkenswert, denn bislang ist es ja eher bei einer moderaten Kritik geblieben“, sagte der Politikwissenschaftler dem Nachrichtenportal „Watson“ am Freitag. „Da Deutschland der zweitwichtigste Waffenexporteur für Israel ist, handelt es sich hier um eine auch symbolisch wichtige Entscheidung.“
Dass Bundeskanzler Friedrich Merz zugleich das Recht Israels betonte, sich gegen den Terror der Hamas zu verteidigen, wertet Bonacker als Zeichen, „dass die Bundesregierung auch weiterhin Israel im Grundsatz unterstützt“. Er sieht darin auch eine präventive Maßnahme. „Die Bundesregierung beugt damit der Kritik vor, sich von Israel zu distanzieren und sich in die Reihen derer zu stellen, die etwa Palästina als Staat anerkennen und darüber Druck auf die israelische Regierung ausüben wollen“, so der Marburger Professor.
Der israelische Historiker Moshe Zimmermann begrüßte den Schritt ebenfalls. „Die Entscheidung des Bundeskanzlers war lange überfällig“, sagte er dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Samstagausgaben). „Man hätte schon früher Bescheid geben müssen, dass man mit dieser israelischen Politik unzufrieden ist. Aber besser spät als nie. Je länger dieser Feldzug dauert, umso schlimmer ist es, nicht nur für die Hamas, sondern vor allem für die Israelis.“
Zimmermann geht davon aus, dass die Entscheidung kaum eine Wirkung haben werde, da das israelische Militär vor allem von der eigenen Produktion und der US-Produktion abhängig sei. „Und die israelische Regierung ist politisch auch stur“, sagte er. „Trotzdem muss man hier ein Zeichen setzen. Die deutsche Regierung signalisiert etwas. Und das ist schon ein Wert an sich.“
Der Historiker Michael Wolffsohn kritisierte den Stopp deutscher Waffenlieferungen. Er sagte dem „Tagesspiegel“ (Samstagausgaben), dass die Bundesregierung ihrem eigenen Anspruch nicht gerecht werde. „Ziel soll eine möglichst widerspruchsfreie außenpolitische Strategie sein“, sagte Wolffsohn. „Oberste Priorität sind laut Kanzler Merz die Freilassung der Geiseln und die Entwaffnung der Hamas. Wer das will, muss Israel Waffen liefern.“ Zudem brauche die Bundesrepublik umgekehrt von Israel Drohnen, einen Raketenschutzschild, Unterstützung bei der Bekämpfung des islamistischen Terrors sowie IT-Expertise.
Wolfssohn kritisierte, dass sich Deutschland in diesem Zusammenhang für zu wichtig halte. „Bei den Waffenlieferungen kommt es allein auf die USA an“, sagte er. „Und die liefern.“
Foto: Israelische Fahne an der Knesset (Archiv), via dts Nachrichtenagentur
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